Harley-Davidson CVO Road Glide 2025 im Reise-Test
Luxus-Cruiser trifft auf Balkan Rally
Auf der Balkan Rally 2025 durfte unser Tune-Up, die Harley-Davidson CVO, natürlich nicht fehlen. Eine Reise mit Kurven, Komfort, Klanggewalt.
Mitten in den Balkan mit der Harley-Davidson CVO Road Glide 2025
Die Balkan Rallye 2025 bot die perfekte Kulisse, um unseren Dauertester, die CVO Road Glide von Harley-Davidson nach reichlich Schabernack in realitätsnäherem Umfeld zu bewegen. Nicht weniger als 3000 km wurden auf dieser Reise zurückgelegt. Von den ersten Metern raus aus der Donaumetropole Budapest zu den engen Kehren Sloweniens, über die weiten Küstenstraßen Kroatiens bis nach Dubrovnik und retour sollte sich zeigen: Diese Harley ist mehr als nur Show & Shine. Die Reise war der perfekte Prüfstand für Ergonomie, Elektronik, Fahrverhalten, Klangbild und Alltagstauglichkeit des Grand American Touring-Konzepts. Zwischen alten Enduros, modernen Retros und automobilen Raritäten musste sich das rollende Statement auf zwei Rädern beweisen.
Harley-Davidson CVO Road Glide 2025: Ehrfurcht prägt das Aufsteigen auf diesen Luxusdampfer
Die CVO Road Glide ist schwer zu übersehen. Mit 399 kg vollgetankt (gemessen auf der 1000PS Viehwaage) ist sie ein Gigant, doch sobald man aufsitzt, relativiert sich vieles. Der tiefe Schwerpunkt und die absolut gelungene Balance machen das Rangieren trotz der Masse erstaunlich einfach. Gerade in langsam gefahrenen Bereich punktet die Harley mit hoher Fahrstabilität. Kehren verlieren durch den großen Lenkeinschlag und das fein abgestimmte Kupplungsverhalten ihren Schrecken. Selbst enge Spitzkehren lassen sich mit guter Blickführung sicher durchfahren. Dennoch bleibt klar: Wer einmal kippt, hat es mit 400 Kilo zu tun.
Fahrwerk: CVO mit nachgerüstetem Öhlins-Setup
Wichtig vorweg: Unserem Dauertester haben wir ein Öhlins-Fahrwerk nachgerüstet, das serienmäßig nicht zur Ausstattung der Harley-Davidson CVO Road Glide gehört. Martin Bauer hat das Setup feinjustiert und das Bike damit auf ein bemerkenswert hohes fahrdynamisches Niveau gebracht. Die Gabel spricht fein an, liefert konstant Feedback und bleibt auch beim harten Ankern stabil. Die Dämpfung im Heck ist straff, aber effektiv. Trotz kurzer Federwege (117 mm vorn, ca. 90 mm hinten) gleitet das Bike souverän über schlechte Beläge. Selbst bei welligem Asphalt bleibt die Maschine spurtreu.
Wer die Vorspannung anpassen will, muss allerdings die Koffer abnehmen und Spezialwerkzeug zur Hand nehmen. Positiver Nebeneffekt des höheren Fahrwerks: Die Bodenfreiheit steigt um etwa 1,5 cm, was zusätzliche Schräglagenfreiheit bringt. Serienmäßig sind 32 Grad angegeben mit (durch Martins Rennstreckenausflüge) entfernten Angstnippel und angepasstem Setup geht deutlich mehr.
Ein kleiner Wermutstropfen bleibt aufgrund der dem Fahrzeug zu Grunde liegenden Geometrie: Bei hohen Geschwindigkeiten ab etwa 150 km/h kann die Front leicht werden, insbesondere bei voller Beladung der Koffer. Durch Erhöhen der Federvorspannung am Heck lässt sich dieser Effekt etwas kompensieren. Grundsätzlich bleibt es aber eine konstruktionsbedingte Schwäche der Road Glide, wobei man den Ingenieuren zu Gute halten muss, dass der Einsatzzweck dieser Harley sicher nicht im Hochgeschwindigkeitsbereich liegt. Schließlich wird dem Vortrieb bei einer Geschwindigkeit von 180 km/h per elektronischer Begrenzung vehement ein Ende gesetzt.
Jekill & Hyde: Wichtiges Upgrade an der Harley
Kaum ein Zubehörteil prägt den Charakter eines Cruisers so stark wie seine Auspuffanlage. Während die Serienanlage durch die strengen Vorgaben - Stichwort Euro 5+ dezent klingt und der riesige V2 akustisch nur im Sportmodus und bei höheren Drehzahlen in den Vordergrund tritt, hat man mit der von uns nachgerüsteten Jekill & Hyde-Anlage stets die Wahl. Sie bietet eine klangliche Bandbreite, die ihresgleichen sucht. Dabei gelingt es den Spezialisten aus den Niederlanden gesetzeskonforme Zurückhaltung mit emotionaler Wucht zu paaren.
Per Knopfdruck lässt sich zwischen drei Klangprofilen wechseln: Dr. Jekill, Dynamic und Mr. Hyde. Der leiseste Modus bewährt sich im morgendlichen Hotelparkplatzbetrieb ebenso wie in lärmempfindlichen Ortschaften. Im Dynamic-Modus wird die Stimme des Milwaukee-Eight kernig und präsent, bleibt aber stets kultiviert. Wer hingegen den Mr. Hyde-Modus aktiviert, bekommt einen akustischen Auftritt, der selbst eingefleischte V2-Fans begeistert tief, brummig, voluminös.
Dabei bleibt die Anlage voll TÜV-konform und erfüllt alle gesetzlichen Lärmvorgaben. Die Umschaltung zwischen den Modi erfolgt im Inneren elektronisch über eine neue Smartbox, die über das CANBUS-System mitfährt. Die Klappenstellung reagiert verzögerungsfrei und bleibt auch bei häufiger Änderung nachvollziehbar im Verhalten. Auf der Balkan Rallye bewährte sich die Flexibilität des Systems: Am Tag in freier Wildbahn echter Harley-Sound, am Abend Rücksicht ohne Kompromisse bei Stil und Technik. Denn auch das Chrom Finish passt wunderbar zur Speziallackierung der sündteuren CVO.
Motor und Performance: Fast zwei Liter Gelassenheit
Der Milwaukee-Eight VVT 121 mit 1977 cm³ Hubraum stemmt 183 Nm und 117 PS, da kann einem das Hinterrad schon einmal leid tun. Gepaart mit den Fahrmodi Road, Sport, Rain sowie zwei individuell konfigurierbaren Modi ergibt sich ein breites Einsatzspektrum. Der Road-Modus avancierte zum Favoriten im Alltag. Je nach Güte der unter einem befindlichen Straße, ist man im Sattel der CVO gut beraten, den Regenmodus bei Nässe auch wirklich einzulegen. Wer das berücksichtigt, wird mit butterweichen, gar zahmen Ansprechverhalten belohnt. Auf den herrlichen Kurvenkombinationen der kroatischen Küstenstraße Magistrale muss dann aber doch der Sportmodus herhalten. Die per Gasgriff übermittelten Direktiven setzt dieser Modus mit Abstand am unmittelbarsten um. So bleibt einem nur zu versuchen, das breite Grinsen im Helm irgendwie unter Kontrolle zu bekommen und drauf zu achten, dass man vor lauter ungestümer, frei gelassener Emotion nicht zu schräg zu werden. Denn ein Aufsitzen oder gar ein Rutscher belastet das Budget massiv.
Bremsanlage CVO Road Glide: Brembos ankern den großen Tanker zuverlässig
Die CVO kommt serienmäßig mit kurvenoptimiertem ABS (C-ABS) und elektronischer Bremskraftverteilung (C-ELB). Die vordere Brembo-Doppelscheibe liefert eine sehr solide Verzögerung, ohne beim Initialbiss zu scharf zuzupacken.
Mit der Fußbremse lässt sich das Bike gut verzögern, da ab einem gewissen Pedaldruck auch die Vorderradbremse leicht mit angesteuert wird. Anfangs muss man sich an dieses System gewöhnen und für flotte Passagen wird dringlich empfohlen, auch die Vorderradbremse zu bedienen, doch ist man gemütlich unterwegs und kombiniert die Motorbremswirkung des mächtigen V2 mit dem C-ELB ist der Gipfel der Souveränität erreicht.
Besonders beim Anfahren auf steilen Wegen spielt die serienmäßige Berganfahrhilfe ihre Stärken aus. Sie aktiviert sich beim Anhalten mit gezogener Kupplung automatisch, kann aber auch manuell durch starkes Ziehen am Hebel der Vorderradbremse in Dienst gestellt werden. Beim Anfahren darf man sich durch das schrittweise Lösen der Bremse nicht irritieren lassen, muss über den Widerstand drüberbeschleunigen und zeitgleich die Kupplung lösen. Auch hier macht Übung den Meister.
Harley-Davidson Road Glide Elektronik & Infotainment: Apple ja, Android leider nicht mehr
Ein 12,3 Zoll-Touchscreen mit Skyline OS glänzt durch klare Ansichten, schnelle Reaktionszeiten und praktische Bedienung. Apple CarPlay funktioniert kabellos, allerdings nur bei gleichzeitigem Headset-Connect. Android Auto wird von Harley hingegen nicht mehr unterstützt. Das integrierte Navi funktionierte auf der Rallye durch verschiedene Länder des Balkans einwandfrei mit der Einschränkung, dass man bei der Routenwahl die Option "Fähren vermeiden" aktivieren sollte, um nicht plötzlich im Hafenbereich zu stranden. Die Darstellung der digitalen Rundinstrumente ist konfigurierbar: Fokus auf Fahrzeug, Tour oder Entertainment.
Rockford Fosgate Surround: Akustische Reisebegleitung auf Topniveau
Natürlich erlaubt das Infotainmentsystem der Harley auch eine Wiedergabe der Inhalte über das Cardo-Headset und auf der Autobahn ist das auch der zu empfehlende Modus. Doch bei Landstraßentempo sollte man unbedingt auf die Inszenierung des Rockford Fosgate Surround-System setzen. Zwei 6,5-Zoll-Verkleidungslautsprecher und zwei 5x7-Zoll-Kofferlautsprecher liefern beeindruckende Klangqualität, diverse Equilizermodi erlauben den Genuss verschiedener Stilrichtungen, eine besondere Empfehlung ist die eigens für Harley-Davidson abgestimmte Variante. Ob über das Smartphone oder die Headset-Kopplung: Musik und Navi-Ansagen kommen kraftvoll und klar. Auf der Balkan Rallye avancierte das System zur rollenden Jukebox, die CVO war der Start bei jedem Rätselstopp.
Etwas Luft nach oben, sogar bei der CVO: Windschutz, Sitzkomfort & Gepäck
Der Windschutz ist insgesamt sehr gut, allerdings erzeugt der Windschild bei geschlossenem Luftschlitz unangenehme Turbulenzen am Helm. Wird die Luke geöffnet, verbessert sich die Akustik deutlich. Die Verkleidung erlaubt eine angenehme Temperatursteuerung für die Beine durch verschiebbare Windabweiser.
Der Sattel ist bequem und hochwertig verarbeitet, allerdings saugt sich das Alcantara nach Regen voll und bleibt länger nass. Der Soziussitz taugt ausschließlich für die Kurzstrecke, der Grund dafür ist nicht etwa eine unkomfortable Polsterung, vielmehr ist die (der gelungenen Optik geschuldete) nach hinten abfallende Form des Polsters dafür verantwortlich. Während der Kniewinkel in Reihe 2 angenehm ist, präsentiert sich der Hüftwinkel als auf längeren Etappen herausfordernd. Wer gerne zu zweit reist, sollte sich im Harley-Davidson Zubehör nach einer alternativen Sitzbank umsehen. Eventuell macht das ganz große Besteck, mit ins Topcase integrierten Armlehnen die Mitfahrerin glücklich. Die Zuladung beträgt 224 kg, das reicht für zwei Personen mit Gepäck.
Die 31 Liter fassenden serienmäßigen Seitenkoffer sind wasserdicht und elegant, aber wegen ihrer Form nicht helmkompatibel. In der rechten Verkleidungsbox gibt es einen USB-C-Anschluss zur Ladung von Smartphone oder Navi. Zur Stauraumerweiterung nutzen wir auf der Tour die SW-Motech Rearbag, die sich am Soziuspolster ideal verzurren lässt, ohne die Zugänglichkeit der Seitenkoffer zu kompromittieren.
Mit einem Tankvolumen von 22,7 Litern und einem Verbrauch zwischen 4,9 (sanfte Gashand) und 6 Litern (dem V2 die Sporen geben) liegt die Reichweite bei rund 330 - 400 km.
Reise-Fazit von der Balkan Rallye
Die Balkan Rallye bringt Fahrzeuge verschiedenster Epochen zusammen: Von alten BMW R45 über XT600 bis zur brandneuen Harley. In dieser Vielfalt fällt die CVO Road Glide nicht nur auf, sondern wird bewundert. Besonders in den Abendstunden zeigen sich interessierte Passanten, die sich regelrecht um dieses Kunstwerk scharen.
Jeder Fahrtag der Rally zeigt uns eine andere Facette des Themas Motorradreise. Von der Hitze Sloweniens über die verkehrsreiche Innenstadt Opatijas bis zum Starkregen am Weg nach Zadar zeigte die Vielseitigkeit des Balkans. Thermalpools, UNESCO-Höhlen, Küstenstraßen ein Muss für jeden Reise-Enthusiasten.
Das Resümee am Zielort Neum und beim Gala-Dinner in Dubrovnik: Die Harley-Davidson CVO Road Glide 2025 ist kein Showbike, sondern ein luxuriöser Reisepartner für Menschen mit Anspruch, Stil und einem Faible für Klangkultur. Sie spielt ihren Komfort aus, sodass auch lange Etappen nicht ermüden, sondern jeder Kilometer von Genuss geprägt ist.
Conclusion: Harley-Davidson CVO Road Glide FLTRXSE 2025
Die Harley-Davidson CVO Road Glide 2025 zeigt eindrucksvoll, wie luxuriöses Reisen auf zwei Rädern funktionieren kann. Sie ist kein Sportbike und will es auch nicht sein. Aber wer sich auf ihren Charakter einlässt, bekommt ein außergewöhnlich stabiles, komfortables und eindrucksvolles Reisemotorrad.
- wuchtiger V2 mit guten Manieren
- starke Bremsanlage
- großartige Ergonomie für den Fahrer
- exzellenter Sound aus den Boxen
- hohe Langstreckentauglichkeit
- praxistaugliches Infotainment
- wertige Verarbeitung
- gute Zuladung
- umstädliche Federvorspannungsverstellung hinten
- begrenzter Soziuskomfort
- Android Auto fehlt
- Windschild erzeugt Verwirbelungen
- Sattel saugt sich bei Regen voll