Langzeittest Kawasaki Z900 RS und Z900 RS SE

Test Kawasaki Z900 RS / Z900 RS SE

Wir testen das, was als das ultimative klassische Motorrad gelten könnte: die Kawasaki Z900 RS und Z900 RS SE auf einer Tour von über 2.500 km quer durch Osteuropa und die Balkanregion bis zurück nach Wien.

by CarlosDominguez on 13.03.2025

Die Kawasaki Z900RS hat sich im Segment der neo-klassischen Motorräder einen bemerkenswerten Ruf erarbeitet, dank ihrer Mischung aus Retro-Ästhetik und moderner Technik. Um zu überprüfen, ob dieses Bike mehr als nur eine hübsche Fassade ist, habe ich sie auf eine anspruchsvolle Tour geschickt: über 2.500 km von Österreich bis nach Montenegro, über verschiedenste Straßenverhältnisse, von schnellen Autobahnen bis hin zu kurvigen Bergpässen und unterschiedlichsten Straßenbelägen.

In diesem Artikel teile ich ehrlich die Stärken, Schwächen und die Bereiche, in denen die Z900RS noch Verbesserungspotenzial hat.

Design und Konstruktion: Retro-Authentizität mit moderner Qualität

Eines der ersten Dinge, die bei der Kawasaki Z900RS ins Auge fallen, ist ihr Design. Der japanischen Marke ist es hervorragend gelungen, die Essenz der Motorräder der 70er Jahre einzufangen, ohne dabei die heutigen Standards in puncto Qualität und Verarbeitung zu vernachlässigen.

Besonders hervorzuheben ist der Tank. Kawasaki hat sich für eine sorgfältige und authentische Lackierung entschieden und verzichtet auf billige Lösungen wie Aufkleber. Auch Details wie die analoge Doppeluhr-Instrumentierung, ergänzt durch ein kleines digitales Display in der Mitte, tragen zu diesem Retro-Erlebnis bei, ohne auf moderne Praktikabilität zu verzichten.

Allerdings bedeutet diese Reinheit im Design auch weniger Elektronik und weniger Fahrhilfen im Vergleich zu einigen aktuellen Konkurrenten. Das Fehlen von Systemen wie einem modernen TFT-Display oder fortschrittlichen elektronischen Hilfen könnte manche enttäuschen, doch für diejenigen, die eine pure und einfache Fahrweise suchen, ist dies eher eine Tugend als ein Mangel.

Insgesamt überzeugt die Z900RS in Sachen Design und Konstruktion auf ganzer Linie, indem sie eine perfekte Balance zwischen Klassik und Moderne bietet, mit Materialien und Verarbeitung, die einer Premium-Maschine würdig sind.

Motor der Kawasaki Z900RS: Ein Vierzylinder mit Charakter

Das Herzstück der Kawasaki Z900RS ist ein flüssigkeitsgekühlter Vierzylinder-Reihenmotor mit 948 ccm Hubraum und 111 PS Leistung. Doch mehr als die Zahlen beeindruckt sein Charakter: geschmeidig, kraftvoll und angenehm raffiniert.

Die Leistungsentfaltung ist gleichmäßig und vorhersehbar, mit ausreichend Schub im mittleren Drehzahlbereich, um den Gangwechsel nicht ständig in Anspruch nehmen zu müssen. Gleichzeitig ist es ein klangliches Vergnügen, die Gänge bis in die hohen Drehzahlen zu ziehen, dank eines sehr gut abgestimmten Auspuffs, der jeder Beschleunigung Charakter verleiht, ohne auf langen Strecken lästig zu werden.

Auch wenn das manuelle Sechsgang-Getriebe präzise und geschmeidig ist (kein einziger Fehler und kein Problem beim Finden des Leerlaufs auf 2.500 km), vermisst man einen optionalen Quickshifter, der gut zum dynamischen Charakter dieses Motorrads gepasst hätte. Für Puristen könnte dies jedoch irrelevant oder sogar positiv sein.

Ein Aspekt, in dem die Z900RS verbessert werden könnte, ist das Gewicht: Mit 216 kg ist sie nicht besonders leicht. Obwohl dies bei der Fahrt kaum auffällt, dank des hervorragenden Gleichgewichts des Chassis, kann sie sich bei langsamen Manövern oder im Stadtverkehr etwas schwer anfühlen.

Zusammenfassend ist der Motor zweifellos eine der Stärken dieses Motorrads: raffiniert, mit genügend Leistung für jede Situation und einem attraktiven Charakter, der dazu einlädt, die Fahrt ohne Eile zu genießen.

Chassis und Fahrwerk: Balance und Stabilität ohne Kompromisse

Der Rahmen der Kawasaki Z900RS ist ein Stahlgitterrohrrahmen im Trellis-Design, der Steifigkeit und Flexibilität effektiv kombiniert. Diese Struktur trägt direkt zur Stabilität und Präzision des Motorrads in schnellen Kurven und auf kurvigen Straßen bei.

Die Fahrwerke der Standardversion der Kawasaki Z900RS bieten keine vollständige Verstellmöglichkeit und sind recht einfach gehalten. Die vordere Upside-Down-Gabel (USD) lässt keine Anpassungen zu, und hinten bietet der Monoshock nur eine grundlegende Vorspannungseinstellung.

Die Z900RS SE hingegen ist mit hochwertigeren und verstellbaren Fahrwerken ausgestattet, die eine vollständige Anpassung sowohl an der Vordergabel als auch am hinteren Stoßdämpfer ermöglichen und Komponenten der Spitzenklasse wie den Öhlins-Stoßdämpfer beinhalten.

Diese Unterschiede zwischen den Versionen machen die Standard-Z900RS etwas eingeschränkter, wenn es darum geht, das dynamische Verhalten an persönliche Vorlieben oder eine anspruchsvollere Fahrweise anzupassen. Die Z900RS SE ist hingegen die bessere Wahl, wenn man die Möglichkeit schätzt, das Motorrad an verschiedene Fahrstile oder Strecken anzupassen.

Auf gutem Straßenbelag fühlt sich die Z900RS stabil, zuverlässig und vorhersehbar an. Sie ist kein ultraleichtes oder extrem agiles Motorrad, vermittelt aber ein großes Vertrauen, um schnelle Kurven oder anspruchsvolle Strecken mit Sicherheit zu meistern.

Wenn der Asphalt schlechter wird, zeigen sich die Grenzen der Federung. Moderate Unebenheiten werden problemlos absorbiert, aber auf besonders schlechten oder holprigen Straßen wird schnell klar, dass sie keine Enduro ist und auch nicht sein will. Dennoch ist der Komfort im Allgemeinen akzeptabel, selbst auf langen Strecken.

Obwohl sie kein echter Sporttourer ist, ermöglichen die entspannte Ergonomie und ein gepolsterter, bequemer Sitz lange Fahrten, ohne allzu sehr zu ermüden.

Bremsen: Gute Leistung, aber Potenzial zur Verbesserung

Im Bereich der Bremsen ist die Kawasaki Z900RS mit einem System ausgestattet, das zwar effektiv ist, aber von einigen Anpassungen profitieren könnte, um ein sportlicheres und präziseres Bremsgefühl zu bieten.

Vorne ist sie mit einer Doppelscheibe von 300 mm und radialen Bremssätteln ausgestattet, hinten mit einer einfachen 250 mm Scheibe. Dieses Setup bietet ausreichend Power, um das Motorrad in jeder Alltagssituation und bei entspannten Fahrten sicher zum Stehen zu bringen. Wenn du jedoch auf der Suche nach kraftvolleren Bremsmanövern bist, insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten oder aggressiver Fahrweise auf Bergstraßen, wirst du gewisse Schwächen bemerken.

Die Hauptkritik betrifft das Gefühl an der Bremse. Obwohl die radialen Sättel eine gute Leistung und Progressivität bieten, könnte der initiale Biss direkter und fester sein. Zudem neigt das serienmäßige ABS dazu, sich etwas früher als gewünscht zu aktivieren, was in anspruchsvolleren Situationen Präzision kostet.

Dieses Verhalten wird durch das Gewicht des Motorrads (216 kg) verstärkt. Bei starken und späten Bremsmanövern in Kurven ist die Trägheit deutlich spürbar. Auch wenn dies weder schwerwiegend noch gefährlich ist, werden Fahrer, die an leichtere und sportlichere Bikes gewöhnt sind, etwas mehr Durchschlagskraft bei den Bremsen vermissen.

Eine einfache und effektive Verbesserung wäre die Installation von Stahlflex-Bremsleitungen und leistungsfähigeren Bremsbelägen, was das Bremsgefühl und die Effizienz bei intensiven Bremsmanövern erheblich steigern würde. All dies ist in der SE-Version der Z900 RS enthalten.

Fahrerlebnis: Klassischer Fahrspaß mit modernem Performance-Anspruch

Die Kawasaki Z900RS ist nicht die schnellste, leichteste oder technologisch fortschrittlichste Maschine, aber sie glänzt in einem Bereich, den viele moderne Motorräder vernachlässigt haben: Sie bietet ein authentisches und intensives Fahrerlebnis.

Man sitzt sehr "auf" der Maschine und nicht so "eingepasst" wie auf der Z900 Standard. Die Sitzposition ist hervorragend gelungen, mit einem hohen und breiten Lenker, bequem platzierten Fußrasten und einem großzügigen, gut gepolsterten Sitz. Dank dieser ergonomischen Konfiguration kannst du lange Touren ohne größere Beschwerden genießen. Dieses Motorrad ist dazu gedacht, jeden Kilometer zu genießen, nicht unbedingt, um sie in Rekordzeit abzureißen.

In der Stadt ist ihr Verhalten ordentlich, auch wenn ihr Gewicht, wie bereits erwähnt, im dichten Verkehr etwas hinderlich sein kann. Doch die Sanftheit des Motors bei niedrigen Drehzahlen und ein recht vernünftiger Wendekreis sorgen dafür, dass die urbane Fahrt nicht allzu unbequem wird.

Auf offener Straße und in schnellen Kurven zeigt die Z900RS ihr wahres Potenzial: Die Stabilität des Chassis, die gleichmäßige Leistungsentfaltung des Motors und der mitreißende Klang schaffen ein einzigartiges Erlebnis. Das Motorrad fühlt sich vorhersehbar und sicher an und lädt dazu ein, die Reise in Ruhe zu genießen. Hinzu kommt der mechanische Gasgriff, nicht ride-by-wire, der ein außergewöhnliches Feedback darüber gibt, was in der Maschine passiert. Das ist schwer zu beschreiben.

Auf der Autobahn ist es, wie zu erwarten, die fehlende aerodynamische Verkleidung, die den Komfort bei hohen Geschwindigkeiten auf langen Strecken einschränkt. Um dieses "Problem" zu lösen, kannst du für kleines Geld eine kleine Verkleidung anbringen, die den Winddruck auf den Fahrer, besonders bei langen Fahrten, verringert.

Zusammenfassend ist das Fahren der Z900RS ein Vergnügen, ein klassisches Erlebnis mit modernen Leistungen, gedacht für diejenigen, die den Genuss über reine Zahlen stellen.

Fazit

Nach über 2.500 gefahrenen Kilometern sind dies die wichtigsten Erkenntnisse zur Kawasaki Z900RS:

Das Gute: - Design und Verarbeitung: Hervorragende Qualität, Liebe zum Detail und eine perfekt umgesetzte Retro-Ästhetik. - Motor: Sanft, kraftvoll und mit einem süchtig machenden Sound. Bietet ausreichend Schub für jede Situation. - Komfort: Bequeme und ergonomische Sitzposition für lange Touren oder den täglichen Einsatz. - Chassis: Stabil, ausgewogen und vorhersehbar, vermittelt Sicherheit auf allen Straßenbelägen.

Das Schlechte: - Hohes Gewicht: Mit 216 kg fühlt sie sich bei langsamen Manövern oder in der Stadt schwer an. - Verbesserungswürdige Bremsen: Gute Gesamtleistung, aber es fehlt etwas an Biss und einem festeren Gefühl bei sportlicher Fahrweise. - Wenig Technologie: Obwohl die Einfachheit Teil ihres Charmes ist, werden manche Fahrer fortschrittlichere elektronische Hilfen vermissen.

Lohnt sich die Investition? Definitiv ja. Die Kawasaki Z900RS ist nicht perfekt und will es auch nicht sein, aber sie bietet etwas, das heutzutage wenige Motorräder haben: eine authentische Persönlichkeit, einen eigenen Charakter und pure Emotionen. Wenn du ein Motorrad suchst, das dich bei jeder Fahrt begeistert, mit makelloser Retro-Optik und ausgewogener Leistung, ist die Z900RS schwer zu übertreffen.

Dank ihres zeitlosen Designs bleibt sie zudem über viele Jahre hinweg attraktiv. Ein Motorrad, um den Weg ohne Eile und mit viel Stil zu genießen.

Conclusion: Kawasaki Z900 RS

Die Kawasaki Z900 RS vereint klassisches Design mit moderner Technik auf ideale Weise. Ihr seidenweich laufender Vierzylinder-Reihenmotor bietet eine lineare Leistungsentfaltung und beeindruckende Elastizität über das gesamte Drehzahlband. Das Fahrwerk balanciert Komfort und Stabilität perfekt aus, was sie sowohl für lange Strecken als auch für sportliches Fahren geeignet macht. Trotz fehlendem Windschutz überzeugt die Z900 RS mit einer komfortablen Sitzposition und agilem Handling. Optisch zollt sie der legendären Z1 Tribut, während moderne Features wie Traktionskontrolle und hochwertige Verarbeitung ein stimmiges Gesamtpaket abrunden. Für alle, die den Retro-Look mit zeitgemäßer Performance suchen, ist die Z900 RS eine zuverlässige und vielseitige Begleiterin, sowohl für den Alltag als auch für längere Touren.


  • Wunderschönes Design
  • kraftvoller Motor
  • stabiles Fahrverhalten
  • starke Bremsen
  • bequeme Sitzposition
  • analoge Instrumentierung
  • verstellbare Hebel
  • seidenweich laufender Vierzylinder-Reihenmotor
  • lineare Leistungsentfaltung
  • exzellente mechanische Raffinesse
  • komfortable Federung mit sportlicher Progression
  • hochwertige Verarbeitung
  • agiles Handling
  • Vielseitigkeit sowohl auf langen Strecken als auch im Alltag
  • große Elastizität des Motors.
  • Kein optionaler Quickshifter verfügbar
  • der hintere Stoßdämpfer der RS wirkt bei kurzen Unebenheiten etwas hart.