BMW Motorrad-Chef Markus Flasch im Interview

BMW Motorrad-Chef Markus Flasch im Interview

Wir haben unsere Lehren aus der R 1300 GS gezogen

BMW Motorrad-Chef Markus Flasch spricht mit Poky von 1000PS über die Lehren aus der R 1300 GS, die neue F 450 GS, Topraks Abgang und BMWs Motorsport-Zukunft – inklusive der Frage nach der MotoGP.

Poky

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Veröffentlicht am 23.12.2025

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Poky, 1000PS: Markus, dein Hintergrund liegt ja im Automobilbereich – unter anderem bei Rolls-Royce und BMW M. Was nimmst du aus dieser Welt mit in deine Rolle bei BMW Motorrad?

Markus Flasch: Das Schöne an diesem Job ist, dass man innerhalb eines großen Konzerns eine Firma leiten kann – mit viel unternehmerischer Freiheit, aber auch der Rückendeckung und Stabilität eines Weltkonzerns. Man muss nur aufpassen, dass man mit den "großen Kalibern" nicht auf kleine Probleme schießt. Wir wollen uns die Schlankheit und Dynamik eines kleinen Teams bewahren.

Poky: Du hast bei Rolls-Royce mit Luxus gearbeitet. Gibt es Parallelen zu Option 719 bei BMW Motorrad, also den High-End-Ausstattungen?

Flasch: Nein, das ist etwas völlig anderes. Rolls-Royce ist ein reines Luxusgut, beim Motorrad geht es immer ums Produkt – um Funktion, um Technik, die man zeigt.

Poky: Kommen wir zur R 1300 GS. Der Start war holprig. Welche Lehren habt ihr daraus gezogen?

Flasch: "Die wichtigste Erkenntnis war, dass man Dinge, die sehr funktionieren, nicht verändern sollte, wenn sie keinen zusätzlichen Kundennutzen bringen. Wir haben zu viel geändert, ohne dass jemand danach gefragt hat – das hat die Organisation überfordert. Fehler sind passiert, die wir alle korrigiert haben. Trotzdem ist es nicht schön, wenn man mit einem neuen Motorrad unplanmäßig in die Werkstatt muss. Was mich beeindruckt hat: Die Community steht trotzdem voll hinter uns. Viele Beschwerden endeten mit "trotzdem bestes Produkt, beste Marke". Das zeigt, wie stark unsere Basis ist. Aber klar: Wir haben daraus gelernt."

Poky: Früher wurden Serviceaktionen still abgewickelt, heute erwarten Kunden Transparenz. Wird BMW Motorrad künftig aktiver informieren?

Flasch: Wir haben Prozesse, die sich stark am Automobil orientieren – das ist der höchste Qualitätsstandard in der Branche. Kein anderer Motorradhersteller geht so professionell mit Feldproblemen um. Je nach Thema wird entschieden, ob Kunden direkt informiert oder Maßnahmen beim Service umgesetzt werden. Wichtig ist: Kein BMW Motorrad-Kunde bleibt mit einem Problem allein. Wenn ein Motor getauscht werden muss, wird er getauscht – egal, was es kostet.

Poky: Wechseln wir zum Motorsport: Der Verlust von Toprak Razgatlıoğlu schmerzt sicher nach dieser Saison. Wie sehr trifft euch das, und wie reagiert ihr strategisch?

Flasch: So ist das Leben. Toprak hat seine Karriere, wir haben unsere Interessen. Die Zusammenarbeit war extrem erfolgreich. Aber wenn jemand seine letzte Chance bekommt, noch einmal in die MotoGP zu gehen, kann man ihm das nicht übelnehmen. Ich habe ihm gratuliert und gesagt: "Mach das!" Wir haben keine Panik – das gehört dazu. Wer weiß, wann man sich wieder trifft.

Poky: Die M 1000 RR ist seriennah am Superbike. Wie stark profitiert die Serienentwicklung vom Rennsport?

Flasch: Sehr stark. Die Teams in München, die an der nächsten Doppel-R arbeiten, sind eng mit dem Motorsport verbunden. Die sitzen in denselben Meetings, essen in derselben Kantine, tauschen Daten. World Superbike ist für uns perfekt, um Technik zu zeigen und Kompetenz zu beweisen – viel näher am Produkt als andere Rennserien.

Poky: Du hast früher gesagt, MotoGP sei derzeit kein Thema. Mit den neuen Regeln ändert sich aber einiges. Spielt BMW trotzdem mit dem Gedanken?

Flasch: Das Thema ist bei uns unter Beobachtung. Wir sind mit Teams und der Dorna vernetzt. Natürlich will jeder BMW in der MotoGP sehen, das verstehe ich. Aber so ein Schritt muss zum richtigen Zeitpunkt kommen – und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen passen. Der globale Motorradmarkt ist im ersten Halbjahr 2025 um acht Prozent geschrumpft. Wir haben Marktanteile gewonnen. In einem schrumpfenden Marktumfeld ist das Timing für große Investitionen wichtig. Wir haben das Thema für uns nicht abgeschlossen, fahren aber weiter auf Sicht.

Poky: Welche Erfahrungen aus dem Automobil-Motorsport helfen dir im Motorradbereich?

Flasch: Ich habe gelernt, dass Markenstärke und Community sehr stark von Motorsport-Erfolgen und Glaubwürdigkeit abhängen. Deshalb ist Motorsport bei BMW fest verankert. Wir haben M GmbH und Motorsport wieder zusammengeführt, weil beides untrennbar verbunden ist. Beim Motorrad ist das genauso: Motorsport ist keine Randnotiz mehr bei der die Frage ist, ob es dafür Budget gibt, sondern Teil der Marke.

Poky: Kommen wir zu den Produkten. Die neue F 450 GS ist die einzige echte Weltneuheit für 2026. In welchen Segmenten siehst du Wachstumspotenzial?

Flasch: Wir werden unsere Stärken weiter ausbauen – vor allem im Adventure-Bereich. Die Attraktivität unserer GS-Modelle ist ungebrochen, und wer einmal in der Familie ist, bleibt meist dabei. Zwischen 450 und 900 Kubik ist noch Luft nach oben, da arbeiten wir weiter. Auch nach oben hin wird etwas passieren, im Sinne einer sportlichen Überhöhung der 1300er GS. Aber auch in anderen Segmenten: Wir haben angekündigt, die R 20 zu bringen – ganz oben im Portfolio. Und auch der Sechszylinder bleibt ein Thema, das wir in den nächsten Jahren wieder stärker pflegen wollen.

Poky: Heißt das, die R 20 Concept lebt weiter?

Flasch: Ja, ich bin das Bike schon gefahren. Wir sind in der Prototypenphase, die ersten Modulträger laufen. Der Motor ist fantastisch – zwei Liter Hubraum, ein Ansprechverhalten wie nur ein großvolumiger Boxer es kann, dazu ein toller Klang. Die Community kann sich auf ein extrem starkes Produkt freuen.

Poky: Und zuletzt: BMW spricht mit der F 450 GS auch junge Fahrer an. Dürfen wir auf dieser Plattform noch mehr Modelle erwarten?

Flasch: Kurze Antwort, ja. (lacht)

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Quelle: 1000PS

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